Kortison-Abhängigkeit: Das Topical Steroid Withdrawal Syndrom

Topic Steroid Withdrawal

Salben mit Glukokortikoiden werden zur Behandlung unterschiedlicher Hautkrankheiten genutzt. Werden diese Salben zu lange in einer zu hohen Dosierung aufgetragen, kann sich die Hautkrankheit sogar verschlimmern, sobald die Therapie beendet wird. Warum Du vor Kortison trotzdem keine Angst haben musst, erfährst Du hier.

Kortison ist die erste Wahl bei Neurodermitis

Glukokortikoide werden vom Körper produziert und übernehmen wichtige Funktionen im Stoffwechsel. Zu den natürlichen Glukokortikoiden gehören u.a. Kortison und Hydrokortison. Wegen ihrer entzündungshemmenden, antiallergischen und Immunsystem-unterdrückenden Eigenschaften werden sie auch künstlich hergestellt und kommen bei vielen Erkrankungen (z.B. Asthma, Allergien, Neurodermitis und Psoriasis) zum Einsatz. Bei Neurodermitis-Symptomen sind Kortisoncremes oder -salben meist die erste Wahl der Behandlung, denn Kortison zeigt sehr schnelle Effekte, darunter auch einen Effekt auf Juckreiz. 

Glukokortikoide können topisch, das heißt auf die Haut aufgetragen werden, oder über Tabletten oder Spritzen systemisch auf den ganzen Körper wirken. Bei Hauterkrankungen wird die topische Therapie bevorzugt. Denn bei einer systemischen Therapie sind mögliche Nebenwirkungen höher. Der kurzfristige und kontrollierte Einsatz von Kortison auf der Haut ist dagegen relativ sicher. 

Was sind Glukokortikoide und wofür werden sie genutzt?

Kortison-Angst

Mitte des letzten Jahrhunderts wurde in der Medizin Kortison hochdosiert und sehr häufig eingesetzt. Durch die falsche Anwendung kam es damals oftmals zu Nebenwirkungen wie: 

  • dünnere Haut
  • Pigmentierungsstörungen
  • stärkere Behaarung
  • Dehnungsstreifen

Deswegen haben viele Menschen eine Kortison-Angst entwickelt. Doch die Forschung zu Kortison ging weiter. Heute gibt es Glukokortikoide, die bei gleichem Nutzen weniger Nebenwirkungen haben. Darum zeigen heutige Kortisonsalben fast keine Nebenwirkungen. Voraussetzung ist, dass Du Kortison richtig anwendest.

Wenn Du Glukokortikoide wie vom Arzt oder der Ärztin verordnet anwendest, musst du keine Angst haben.

So erkennst Du ein TSW-Syndrom

Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung. Daher ist es ganz normal, wenn Du Tage bis Wochen nach einem mit Kortison behandelten Schub wieder einen Schub bekommst. Aus diesem Grund ist ein „gewöhnlicher“ Neurodermitis-Schub jedoch schwer vom Topical Steroid Withdrawal-Syndrom zu unterscheiden. 

Das Topical Steroid Withdrawal (TSW) Syndrom wird im Deutschen auch Kortison-Entzugs-Syndrom genannt. Wie der Name sagt, tritt das Syndrom nach einer Kortison-Therapie auf. Bisweilen herrscht keine einheitliche medizinische Definition für das Phänomen. Daher ist auch zuweilen unklar, welche Symptome zum TSW-Syndrom gehören und wie häufig dieses auftritt. Am häufigsten werden von Betroffenen folgende Symptome berichtet:

  • starkes Brennen und Stechen auf der Haut 
  • stark gerötete Hautstellen, auch Erytheme genannt. Ursache ist eine gesteigerte Durchblutung der Haut, die durch Entzündungsprozesse ausgelöst wird. Das ist zwar nicht gefährlich, aber sehr unangenehm. 
  • geschwollene Haut an den Augenlidern
  • schuppige Haut; Hautabschälung
  • eventuell juckende Haut und psychische Probleme/ Depressionen

Wichtig für die Feststellung des TSW-Syndroms ist eine Vorgeschichte von häufiger und längerer Kortisonanwendung. Fast alle TSW-Betroffene haben über einen längeren Zeitraum starke Glukokortikoide im Gesicht angewendet, oftmals länger als 12 Monate. Zu ersten Symptomen kann es Tage bis Wochen nach Therapieende kommen. Es kann Wochen bis Jahre dauern, bis sich der Hautzustand wieder normalisiert.

Wie lässt sich das TSW-Syndrom behandeln? 

Es gibt keine festgelegten Richtlinien, wie ein TSW behandelt werden sollte, allerdings wird empfohlen, Kortison nicht weiter auf der Haut aufzutragen. Außerdem zeigen verschiedene Studien eine starke Verbesserung der Symptomatik unter folgenden Medikamenten:

  • Tetracycline (Antibiotika)
  • Antihistaminika
  • Calcineurin-Inhibitoren 
  • Biologika wie Dupilumab

Da das TSW-Syndrom oft langwierig und einschränkend verläuft, kann auch psychologische Unterstützung für viele Betroffene hilfreich sein. 

Das TSW-Syndrom vorbeugen 

Mit der richtigen Anwendung von Kortison lässt sich das TSW-Syndrom vorbeugen und Neurodermitis-Schübe hinauszögern. 

Kortison richtig anwenden

Kortison sollte stets nur kurzfristig und dünn auf von Neurodermitis betroffene Hautareale aufgetragen werden. Besonders bei empfindlichen Hautpartien wie dem Gesicht sollten am besten andere Medikamente (Calcineurin-Inhibitoren) Anwendung finden. Muss Kortison im Gesicht aufgetragen werden, sollten nur schwache Glukokortikoide für wenige Tage verwendet werden.

Ausschleichen 

Sobald Kortison regelmäßig über mehrere Tage bis Wochen auf der Haut aufgetragen wird, darf es nicht plötzlich abgesetzt werden. Reduziere daher Kortison stets langsam. Zum Beispiel kann die Salbe statt einmal täglich nur alle zwei Tage aufgetragen werden. Wenn dann die Haut stabil bleibt, kann das Kortison auf alle drei Tage reduziert werden, und so weiter, bis es schließlich abgesetzt wird. Durch dieses Ausschleichen wird langfristig weniger Kortison gebraucht und sogar der nächste Schub deutlich hinausgezögert. 

TSW Syndrom ist in Deutschland unwahrscheinlich

In Deutschland ist die Anwendung von Glukokortikoiden stark reguliert. Nur sehr schwache Glukokortikoide sind rezeptfrei erhältlich und selbst diese können nur in Apotheken erworben werden. Deshalb ist es hier sehr unwahrscheinlich, ein TSW-Syndrom zu entwickeln. Interessanterweise ist es nicht einmal als Nebenwirkung topischer Glukokortikoide gelistet. 

Das TSW-Syndrom tritt häufiger in Ländern auf, in denen die Anwendung von Glukokortikoide nicht so stark reguliert wird, wie in Deutschland. Durch das Netzwerk der sozialen Medien bekam das Syndrom aber auch in Deutschland seine Popularität.

In Deutschland unterliegen Glukokortikoide strengen Therapieregeln, weswegen Du keine Angst haben musst, ein TSW-Syndrom zu entwickeln, wenn Du es wie von dem Arzt/ der Ärztin verordnet anwendet.

Quellen:

Picture of Neurodermitis App Nia
Neurodermitis App Nia